Die Sykomorenfeige (auch Maulbeerfeigenbaum* oder
Eselsfeige) [1] ist ein in Afrika weit
verbreiteter Baum, sowie einer der wichtigsten Obstbäume und
Holzlieferanten im Alten Ägypten.
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Sycomore im Karnak-Tempel, Nähe
Ptah-Tempel
eigene Fotos |
Die Sykomore kommt heute nur als Kulturbaum vor. Die zur Bestäubung
notwendige Gallwespe Ceratosolen arabicus Mayr wurde bisher
für Ägypten nicht nachgewiesen. Eine bereits für pharaonische Zeiten
in Sykomoren nachgewiesene Gallwespenart Sycophaga sycomori
L. kann alleine [2] keine Bestäubung durchführen.
Die Vermehrung des Baumes findet heute, und fand wohl schon zu
altägyptischen Zeiten, durch von Menschen gezogene Stecklinge statt.
Diese Stecklingsvermehrung in feuchter Erde ist relativ einfach.
Zur Zeit ist noch ungeklärt, ob aufgrund von Klimaveränderungen am
Ende des Pleistozän oder dem Beginn des Holozän das Niltal wärmer
war und die Gallwespe Ceratosolen arabicus Mayr damals
in Ägypten lebte. Dann wäre es möglich, dass wildwachsende Sykomoren
in Ägypten anzutreffen waren. Eventuell wurde die Sykomore aber auch
bewusst in Ägypten angesiedelt. Renate Germer (LÄ) geht
davon aus, dass die Sykomore ursprünglich nicht in Ägypten heimisch
war. Sykomorenfunde im Grab des Ani (in Gebelein) aus der 12.
Dynastie zeigten die Frucht mit der Gallwespe Sycophaga sycomori
besiedelt, so dass zu dieser Zeit die Sykomore bereits eine
Kulturpflanze war [3]. Bekannt ist die Sykomore für das Alte Ägypten
bereits ab der Vorgeschichte. |
Die Sykomore hat einen weißen, kurzen aber kräftigen Stamm und dünne Brettwurzeln.
Sie kann bis zu 15 oder 20 m hoch werden.
Ihre Laubkrone erreicht einen
Durchmesser von 5 m. Man findet sie heute vereinzelt oder in kleinen
Gruppen, meist auf Dorfplätzen oder an Brunnen [4].
Die Sykomore ist im sonnigen Ägypten gern gesehener Schattenspender der bis zu sechs Ernten im Jahr
ermöglicht.
Die Frucht der Sykomore wird nicht nur als
Nahrungsmittel genutzt sondern findet auch in altägyptischen
medizinischen Rezepten Erwähnung. Der Milchsaft des Baumes
wurde zur Wundbehandlung verwendet.Bereits aus pharaonischen Zeiten
ist eine Beschleunigung des Reifeprozesses der Frucht durch einen
Einschnitt vor der Ernte belegt. Der Einschnitt erfolgt vor der
vollendeten Entwicklung der Gallwespen in der Frucht. Diese muss dann wenige
Tage nach dem Einschnitt geerntet werden. |
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siehe obere Feigenreihe
Karnak; Hypostyl - Nordwand Relief Sethos I. |
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Während die Frucht in Funden aus Prädynastischer Zeit nur selten
auftaucht, ist sie ab der 1. Dynastie recht gut bezeugt. Sie gehört
zu den häufigsten vegetabilischen Grabbeigaben überhaupt. Auch auf
Grab- und Tempelreliefs ist sie zu finden. Dort erkennt man die
Sykomorenfeige oft an ihrem charakteristischen halbkreisförmigen
Mal.
Ob es sich hierbei um den künstlichen Einschnitt zur Reifung der
Frucht handelt, oder vielleicht eher um den an der nebenstehenden
Frucht zu erkennenden halbkreisförmigen Rückzug der äußersten
Fruchthaut, bleibt unklar. |
eigenes Foto |
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Abdel Ghaffar Shedid: Das Grab des
Sennedjem,
Mainz 1994 Abb. 106 |
Frederic Norden: Voyage d'Egypte et de
Nubie I, Kopenhagen 1755, pl. XXXVIII |
Ein Charakteristikum des Baumes ist das Zusammensitzen mehrerer Früchte
an einem Stiel des Stammes oder den Ästen, wie es auf der Zeichnung aus dem Grab des Sennedjem (TT
1, 19. Dynastie) und auch der Zeichnung von Frederic Norden aus dem
Jahre 1755, oder dem eigenen Foto ganz oben rechts, zu sehen ist.
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Die Sykomore in der Religion Im Glauben der Alten Ägypter spielte die Sykomore eine wichtige
Rolle. Sie war Symbol und Sitz verschiedener Himmelsgöttinen. So
wurde
seit dem Alten Reich in Memphis eine Hathor "Herrin der südlichen
Sykomore" verehrt. Im frühen Neuen Reich taucht
verstärkt Nut [5] als
Sykomorengöttin auf, die dem Toten Wasser und Nahrung - aber auch
Schatten - spendet. Nach Wilkinson (S. 161-162)
assoziierten die Ägypter Nut eventuell mit der Sykomore, da sie über
ihre Funktion als Herrin/Beschützerin des Sarges mit Holz und damit
mit der Sykomore gleichgesetzt werden konnte. Der Verstorbene betet
zu ihr um Wasser und Luft (TB 59). So untersteht der
Verstorbene nicht nur dem Schutz der im Baum innewohnenden Göttin,
ob Hathor, Nut oder Isis, sondern wird von jenen auch versorgt. So
säugt Isis, als Sykomore zum Beispiel Thutmosis III. in einer
Pfeilerdarstellung in dessen Grab KV 34.
Die Sykomore ist ein Ruheplatz der Seelenvögel.
Ab der 2. Hälfte
der 18. Dynastie taucht in dieser Schutz- und Versorgungssituation
auch die Dattelpalme anstelle der Sykomore auf. |
Stele des Niajj - Kestner-Museum, Hannover Inv.-Nr. 2933
Emma Brunner-Traut, Osiris, Kreuz und Halbmond.
Mainz 1984, S. 124, Nr. 99 |
Nach altägyptischen Himmelsvorstellungen stehen zwei Sykomoren aus
Türkis rechts und links des Horizonttores im Osten, dort wo
tagtäglich die Sonne erscheint (siehe nebenstehendes Foto).
So ist sie mit Atum, dem Herrn der Sykomore in den Sonnenlauf
eingebunden.
Im TB 109 versichert der Tote die beiden Sykomoren aus
Türkis zu kennen, zwischen denen Re hervorkommt. Nach Pyr. 1433b
berührt der Tote die beiden Sykomoren, die auf jeder Seite des
Himmels sind. Pyr. 916b erwähnt eine östliche Sykomore die sich zum
Toten hinunterbeugt und auf der die Götter sitzen. In der
Vorstellung (Pyr. 1485a-b) schützt sie den Gott und die
Götter der Unterwelt stehen unter ihr.So heißt es: "So war die
Sykomore mit den göttlichen Mächten und der Hoffnung auf eine
regelmäßige, ewig währende Erneuerung an der Seite der Götter
verbunden.
Als Welten- und Lebensbaum ragt die Sykomore mitten in einem
Urgewässer Nun gleichzusetzenden See auf, stützt den Himmel und
garantiert damit den Erhalt der Schöpfung." [6]
Verschiedene Darstellungen zeigen den mumifizierten Osiris unter
dem Schutz einer Sykomore, zumeist jedoch einer Akazie - immer
jedoch eines Laubbaumes. Dieser ist Symbol des alljährlichen
Vegetationszyklus - somit auch der Wiedererstehung. |
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Abdel Ghaffar Shedid: Das Grab des
Sennedjem,
Mainz 1994 Abb. 96 |
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Literatur: |
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