Die Ka-Kapelle aus Dendera

Westwand

last update: 27.05.2009

 

 

Die 1,30 m breite Rückwand der Kapelle zeigt oben eine sogenannte "Erschlagen der Feinde" (EdF) -Szene und unten eine smA-tAwj-Szene - ein "Vereinigen der Beiden Länder". Die Art der EdF-Darstellung ist singulär.

Habachi, Monuments fig. 6
 

Abweichend von der üblichen Darstellung dieser Szene - der König packt beim EdF die vor ihm knienden Feinde mit der einen Hand am Schopf während die andere Hand meist eine Keule schwingt - sehen wir hier den König zwar in der üblichen Schrittstellung, die Feinde fehlen aber. Die Keule in der erhobenen Hand müssen wir ergänzen, das Relief ist hier abgebrochen.  
Der König packt ersatzweise ein stabähnliches Gebilde, welches in der Regel als Pflanzenbündel interpretiert wird. Um was es sich hier genau handelt ist unklar. 
Betrachten wir es etwas genauer. Aus einem Unterteil ragt ein gerader Stab hervor der von einer Pflanze umwunden ist. Die Dolde des geschwungenen Teiles stellt eine Papyrusdolde dar, passend zum Unterteil der Komposition. Das Ende des geradeverlaufenden Stabes ist durch die Zerstörungen nicht mehr zu bestimmen. Schäfer [1] zeichnet noch ein Keulenende, nach einer Abbildung von Daressy.
 
Schoske [2] geht auf die Kapelle ein und listet die unterschiedlichen Interpretationen gerade dieses Bildelementes folgendermaßen auf:
  • Darstellung der beiden Wappenpflanzen von Ober- und Unterägypten
  • Darstellung des tA-mHw, der nördlichen Landesteile
  • Kombination von Papyrus- (Nord-)Pflanze und Jahresrispe
Letzteres verwirft sie, da im MR Jahresrispen entweder mit Kerbung oder mit doppelter Linienführung dargestellt werden und die obere Krümmung des Stabes bei einer Jahresrispe wesentlich flacher verläuft. Dieser Gedanke scheint, in einem mir nicht vorliegenden Artikel von David O'Connor wieder aufgegriffen worden zu sein.
 
Zu den anderen beiden Interpretationen sei folgendes zu beachten:
  • Das Ende des geraden Stabes/Stängel ist nicht erhalten. Sollte das Gebilde beide Wappenpflanzen darstellen würde hier eine Lotusblüte fehlen. Selbstverständlich besteht auch die Möglichkeit erneut eine weiterer Papyrusdolde zu ergänzen. Es gibt für dieses Gebilde keine Parallele. Ähnliche, sich umschlingende, Pflanzengebilde enden nicht in der Blüte beider Pflanze sondern ein Stängel trägt eine Schlange mit der Krone einer Landeshälfte auf dem Kopf. Aus Platzgründen lässt sich die Szene lt. Schoske aber nicht so ergänzen.
Mit der Idee der Darstellung des tA-mHw geht der Gedanke einher, dass die Reichseinigung von Oberägypten ausging und Mentuhotep Nebhepetre seinen Machtbezirk sicherlich in aggressiver Art und Weise gen Norden ausgedehnt hat. Oberägypten bezwingt Unterägypten - dies wäre dann die Aussage dieser Darstellung. Ein naheliegender Gedanke. Ein bereits abgeschlossenes Ereignis, da Mentuhotep Nebhepetre die Doppelkrone trägt, sich also bereits als Herrscher über beide Landeshälften darstellt? Barta [3] weist nicht zu Unrecht auf das Fehlen des Namens smA-tAwj hin. Er interpretiert die Szene als Darstellung eines Teilsieges gegen die Herakleopoliten im Zuge der Reichseinigung.
 
Die Ergänzung des zweiten Stängels zu einer Lotusblüte - und damit der Darstellung der Wappenpflanzen von Ober- und Unterägypten - geht mit der Überlegung einher hier das smA-tAwj, das "Vereinigen der Beiden Länder" dargestellt zu haben. Eine Szene die in einer ebenfalls aus dem Rahmen fallenden Art im unteren Bildregister abgebildet ist.
 
Die Beischriften der Szene lauten
  • vor dem Gesicht des Königs: "Horus, der die Fremdländer bezwingt"[4]
  • vor seinen Beinen: "geliebt von Hathor, der Herrin von Dendera, Mentuhotep, der Gerechtfertigte"
  • zwischen den Beinen: "Sohn des Re, Mentuhotep, er lebe ewiglich"
Die längere Inschrift hinter seinem Rücken wird nach Schenkel folgendermaßen übersetzt: "[Niederstre]cken der östlichen Fremdländer mit dem Wurfholz. Niederwerfen der vier Berge. Unterwerfen der Wüsten. Tributpflichtigmachen der Nubier. ... der südlichen (?) ...., der MDa, der WA[wA]t-Leute, der TmH[w]-Libyer und der [pH-Ge]wässer (?) durch Ho[rus]: NTrj[-H]Dt; König von [Ober- und Unter]ägypten: Nb-Hpt[-Ra]"
Wobei der Horusname NTrj-HDt ein Datierungskriterium darstellt. Die Kapelle wäre demnach ab einer unbestimmten Zeit vor seinem 14. bis vor seinem 34. Regierungsjahr entstanden.

 

Die smA-tAwj-Szene im unteren Bildregister zeigt nicht, wie gewöhnlich,  einen Hapi beim Binden des smA-Zeichens, sondern einen falkenköpfigen Menschen - den Gott Horus. Die zerstörte Figur auf der linken Bildseite wird in der Literatur zu Seth ergänzt. Damit handelt es sich dann um die früheste (erhaltene?) Darstellung des Motivs der smA-tAwj-Szene durch Horus und Seth. Die Szene drückt einen enormen Kraftaufwand aus, durch die Zuhilfenahme des Beines, das gegen das Vereinigungszeichen gestemmt ist, kann Horus mit großer Kraft am Stängel ziehen. Eine Darstellung, die in dieser Art wohl singulär bleibt.

Ausschnitt aus: Habachi, Monuments fig. 6
 

Hinter beiden ist jeweils eine, als mr.t bezeichnete Frauenfigur erhalten. Eine davon wird als mr.t mHyt bezeichnet, als die nördliche Meret. Die Göttin Meret konnte alleine, oder geteilt in eine nördliche und eine südliche Meret auftreten. Da sie hier einmal als nördliche bezeichnet wird, ist es statthaft bei der anderen die Bezeichnung "südliche" zu ergänzen.
Diese Darstellung der Meret als Landesgöttin ist das älteste bisher bekannte Beispiel [5].

Die ursprüngliche Göttin der Musik, hat mit ihrer Musik, mit Gesang und Gesten bei der Herstellung der kosmischen Ordnung - hier das Vereinigen der Beiden Länder - mitgeholfen. Sie taucht im Laufe der Zeit verstärkt bei Kultläufen und dem Sedfest auf, in einer Art Mittlerstellung zwischen dem Gott und dem Gabenbringer. Indem sie dem Ritualherren als Zubringer hilft, dass zum Ritualvollzug Notwendige zu erhalten. Nach Guglielmi [6] war ihre Teilnahme am Kult auf das Fest beschränkt.
Ausgehend von ihrer Darstellung als Landesgöttin wandelt sich das Bild der Meret. In der Regel doppelt vorkommend, präsentieren sie die Gesamtheit des Landes und tauchen in Situationen auf in denen man Thot oder Seschat erwartet hätte. Man findet sie auch in Verbindung mit Hathor sowie Isis und Nephthys.
 

1 Schäfer, Heinrich: Die 'Vereinigung der Beiden Länder'. Ursprung, Gehalt und Form eines ägyptischen Sinnbildes im Wandel der Geschichte, MDAIK 12/1943 S. 85, nach Daressy ASAE 17 Tf. 1

2 Schoske, S.: Das Erschlagen der Feinde. Ikonographie und Stilistik der Feindvernichtung im alten Ägypten. Ann Arbor, Michigan 1994, S. 175 ff

3 Barta, Winfried, Das Selbstzeugnis eines altägyptischen Künstlers, Berlin 1970 S. 46

4 Zum Teil wird das _Ar-xAswt - Bezwinger der Fremdländer als weiterer Horusname Mentuhotep Nebhepetres angesehen. So z. Bsp. Barta, Winfried, Das Selbstzeugnis eines altägyptischen Künstlers, Berlin 1970 S. 26

5 Guglielmi, W.: Die Göttin MR.T. Entstehung und Verehrung einer Personifikation. Leiden - New York - København - Köln 1991, S. 204

6 Guglielmi, W.: Die Göttin MR.T. Entstehung und Verehrung einer Personifikation. Leiden - New York - København - Köln 1991, S. 102

 
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