Karnak

Die Anfänge *

aktualisiert am: 29.03.2009


Karnaks Anfänge, auf der Ostseite des antiken Theben gegenüber den großen Nekropolen vor dem Westgebirge, liegen trotz der relativ späten Entstehung des Tempels ziemlich im Dunklen.
Seine Geschichte ist mit der "Entstehung", dem Auftauchen des Gottes Amun in Theben eng verbunden. So mag man verstehen, dass es hier auch um die frühen Belege dieses Gottes geht. Einer befindet sich auf der Stele des RHwj.
Sie stammt aus El-Tarif, aus dem Grab Petrie B 33 und scheint nur in einer Umzeichnung von Petrie publiziert zu sein. Die Stele befindet sich heute im Manchester Museum mit der Inventarnummer no. 5052.

Der hier relevante Teil der Inschrift beginnt in Spalte 2 im zweiten Drittel. Dort heißt es:
Ich versorgte das Haus des Amun während der schwierigen Jahre der Beschaffung von/Besitzansprüche auf Opferfleisch, um am Fest des Monatsanfangs für die Opfertische zu geben und zu stiften am Jahresbeginn.

In der senkrechten Zeile 5 wird noch einmal Amun erwähnt. Bei der ersten Erwähnung, dem Haus des Amun, dürfte es sich um die Nennung des Karnaktempels handeln, nach Ullmann [1] dessen früheste Erwähnung.

Problematisch ist allerdings die Datierung. Die Inschrift enthält kein Datum und keinen Königsnamen. Nach Ullmann [2] kann sie auf Grund von Phraseologie und Paläographie zweifellos in die 11. Dynastie datiert werden. Die am Beginn der Inschrift in der waagrechten Zeile verwendete Form der Opferformel spricht für die frühe 11. Dynastie. Ullmann listet in ihrem Artikel verschiedene Datierungen von Ägyptologen für den Zeitraum von vor Antef II. bis Mentuhotep Nebhepetre auf.

Petrie: Qurneh, pl. X
 

Hieraus kann man mit ihr schlussfolgern, dass der Karnak Tempel spätestens zur Zeit Mentuhotep Nebhepetres bestand.
Eine weitere Inschrift mit der Nennung von Amun findet sich in Turin [3]. Die Herkunft der Inschrift ist unbekannt. Vermutlich stammt sie aus einem Grab. Morenz [4] möchte die Herkunft aus einem Grab zwar nicht ausschließen, bevorzugt als Herkunftsort allerdings eine Tempelwand.

Bei Morenz findet man folgende Übersetzung der Inschrift:
Indem er in der Flut watete, zwang er die Sandbänke nieder. Er machte Denkmäler für Month. Er stellte Amun zufrieden mit Schönem aus Oberägypten, das er durch seine Krafttaten brachte. Er vermehrte das Gottesopfer für Re, der ihn liebt. Er ist freundlich zu Hathor mit Myrrhen und Öl. Er fängt Kühe mit Lassos für Gold (= Hathor), die ihn liebt und die (immerzu) wünscht, daß er auf Erden dauere. Sie gibt ihm das Königtum [der beiden Länder]
Horus ist er, der Sohn der Nut, der edle Herr: nachdem er ergriff die beiden Länder in seiner Stärke, nachdem er befestigte die Befehle der Ewigkeit, nachdem er bestrafte [seine] Feinde.

Amun taucht hier zusammen mit weiteren Göttern, Month, Re und Hathor auf. Es handelt sich um die Legitimation eines ungenannten Königs. Eine ungefähre Datierung lässt sich auch hier nur über die Paläographie vornehmen, die zwischen Antef I. bis Antef III. [5] schwankt.

Vandier: Une inscription historique pl. 1
 

Wie oben erwähnt, bevorzugt Morenz als Herkunft dieser Inschrift eine Tempelwand, vorzugsweise Karnak. Durch die Nennung verschiedener Götter in dieser Inschrift möchte er dann aber den Rückschluss ziehen, dass der frühe Karnak-Tempel nicht ausschließlich ein Tempel für Amun war. Diese Aussage möchte er durch ein umständliches Konstrukt einer neuen/anderen Lesung der unten erwähnten Antef-Säule stützen [7].
 
Sicher datierbar ist eine Nennung eines Personennamens der mit Amun gebildet wird, nämlich Jmn-m-hAt  auf  der Stele des Megegi [6]. Der Steleninhaber berichtet auf ihr über sein Leben in der Zeit des Königs Nb-tp-nfr, Antef III.

Dies alles zeigt das Amun in Theben präsent ist, es zeugt von seinem Aufstieg (Jmn-m-hAt = Amun ist an der Spitze), auch von einem Tempel, vom Tempel Karnak erfahren wir allerdings noch nicht viel.

Das bisher älteste architektonische Zeugnis des Tempels tauchte am 26. Mai 1985 auf. Damals fand Thierry Zimmer während der Ausgrabungsarbeiten um den zentralen Hof des Mittleren Reichs in Karnak eine oktogonale Säule mit der Namensnennung Antef II. aus der 11. Dynastie. Sie war im sog. "Couloir de la Jeunesse" [8] verbaut aufgefunden worden.

Der erhaltene Rest der Säule ist 148 cm hoch. Sie besteht aus Sandstein und verjüngt sich nach oben. Unten hat sie einen Durchmesser von 33,6 cm, oben lediglich noch 30 cm [9].

Der Text der Säule nennt Amun-Re und Antef II, geboren von Neferu. Die Säule gilt als der älteste Beleg der Verbindung Amuns mit Re.

Stele des Megegi (c) Arnulf Schlüter
 

Die oben angeführten Quellen zeigen die frühesten Belege für Amun und früheste Zeugnisse für einen Tempel des Gottes. Eventuell an der Stelle des späteren Karnak.
Weitere Funde lassen eine Vorstellung vom Aussehen dieses/dieser frühen Tempel erahnen.
Die Grabungen des Centre franco-egyptien im Bereich des Mittleren Reich Hofes brachten direkt im östlichen Anschluss an die Kammern der Hatschepsut eine 10x10 m große Plattform zutage [10]. Ziemlich nahe an dem westlichsten der vier Granitschwellen des Mittleren Reiches, auf der Hauptachse des Tempels.

Ullmann, Thebes: Origins of a Ritual Landscape. Fig. 2.3
 

Die Plattform bestand aus zwei, ehemals wohl drei Lagen Sandsteinblöcken. In ihr waren mehrere Sandstein und Kalksteinblöcke älterer Bauten verbaut. Auf Grund ihrer Lage datiert die Plattform vor Sesostris I. dessen Tempel man die vorhandenen, heute noch sichtbaren Granitschwellen im Hof zuweist. Der verwendete Sandstein ist typisch für die Zeit Antef II. bis Mentuhotep Nebhepetre, wir finden ihn auch als Spolie im kleinen Tempel in Medinet Habu verbaut.
An Reliefs fand sich das Fragment einer Szene, in der ein König von einer Göttin gestillt wird. Eine Szene, die wir von Mentuhotep Nebhepetre aus seiner Kapelle in Dendera und dem Fragment aus Deir el-Bahri (heute im Kestner-Museum Hannover), sowie aus der Zeit Sesostris I. kennen. Die vorhandenen hieroglyphischen Reste nennen keinen König. Die Ausgräber datieren es über die Ikonographie in die Zeit Amenemhet I. oder Sesostris I.
Weiterhin befanden sich zwei Sandsteinsäulenbasen unter dem wiederverwendeten Material. Auf ihnen standen ehemals oktogonale Säulen mit einem Durchmesser von 57 cm. Dies bedeutet, die Säule Antef II. können sie nicht getragen haben, deren errechneter größter Durchmesser dürfte bei ca. 40 cm gelegen haben. Die Säulenbasen ähneln in der Größe, Material und Art denen im Tempel Mentuhotep Nebhepetres in Deir el-Bahri. Die Verarbeitung soll handwerklich etwas besser sein, deshalb datiert man sie an das Ende der 11. Dynastie.
Diese Plattform wurde demnach frühestens in den späten Jahren von Amenemhet I. oder spätestens in den frühen Jahren Sesostris I. errichtet.
Aus den gemachten Funden zeichnet Ullmann [11] mögliche Bauphasen des frühen Karnak-Tempels:
  • Spätestens unter Antef II. gab es einen Tempel mit einem  Zwei-Pfeiler(?)-Portikus. Dieser war nach Auskunft der gefundenen Säule Amun-Re geweiht. Der Standort des Tempels dürfte wahrscheinlich an der Stelle der Plattform  gewesen sein. Wobei die Maße der späteren Plattform mit 10x10 m die äußerste Größe des Tempels darstellen dürfte, wahrscheinlich war er jedoch kleiner.
  • In den späten Jahren seiner Regierung ließ Mentuhotep Nebhepetre (die Funde aus seiner Regierungszeit werden auf einer extra Seite dargestellt) entweder diesen Tempel erweitern oder er erbaute einen Neuen an dieser Stelle. Auch dieser Tempel dürfte die Maße der Plattform nicht überschritten haben. Wahrscheinlich bestand dieser Tempel der späten 11. Dynastie aus Ziegelsteinen mit Türdurchgängen und Säulen aus Granit, Kalk- oder Sandstein. Auf einen Hof oder Portikus dürfte eine kleine Säulenhalle gefolgt sein, dahinter Opferraum und Sanktuar. Die gefundenen Opferbecken mit Namen Mentuhotep Nebhepetre dürften hieraus stammen.
  • Ullmann vermutet, dass Mentuhotep Nebhepetre, ähnlich wie in Abydos und Dendera, auch eine Ka-Kapelle in Karnak errichten ließ. Damit wäre, zusammen mit dem Totentempel in Deir el-Bahri, die Kultbühne für Amun-Re und den Königskult in einer Form vorhanden, wie wir sie auch aus späteren Zeiten kennen.
Stationen dieses Kultes zeigen Reliefs im Totentempel in Deir el-Bahri auf. In einem Graffiti an den Bergwänden des Talkessels, berichtet uns ein Priester von seiner Tätigkeit. Mit der dort gezeigten und erwähnten Reise der Amunsbarke von Karnak über den Nil zum Totentempel in Deir el-Bahri haben wir den frühesten Beleg für eines der größten thebanischen Feste: das "Schöne Fest vom Wüstental".
 
 

* Der Text basiert auf der Zusammenstellung der Belege zu diesem Thema bei Martina Ullmann, Thebes: Origins of a Ritual Landscape, in Peter F. Dorman and Betsy M. Bryan:  Sacred Space and Sacred Function in Ancient Thebes. SAOC 61, Seite 3-25; onlinepubliziert unter http://oi.uchicago.edu/pdf/saoc61.pdf
1 Ullmann, Martina, Thebes: Origins of a Ritual Landscape. SAOC 61, S. 3
2 Ullmann, Martina, Thebes: Origins of a Ritual Landscape. SAOC 61, S. 4

3 Turin Suppl. 1310; publiziert bei Jacques Vandier, Une inscription historique de la Première Périod Intermédiaire. In Rosèn, H. B.: Studies in Egyptology and Linguistics in Honour of H. J. Polotsky, Jerusalem 1964 S. 9-16

4 Morenz, Ludwig D., Die thebanischen Potentaten und ihr Gott. Zur Konzeption des Gottes Amun und der (Vor-)Geschichte des Sakralzentrums Karnak in der XI. Dynastie. ZÄS 130/2003, S. 112

5 Ullmann, Martina, Thebes: Origins of a Ritual Landscape. SAOC 61, S. 4

6 in New York, Metropolitan Museum of Art 14.2.6

7 diesem Konstrukt möchte ich nicht folgen. Es ist nachzulesen bei Morenz, Ludwig D., Die thebanischen Potentaten und ihr Gott. Zur Konzeption des Gottes Amun und der (Vor-)Geschichte des Sakralzentrums Karnak in der XI. Dynastie. ZÄS 130/2003, S. 114ff. Eine Erwiderung dazu findet man bei Ullmann, Martina, Zur Lesung der Inschrift auf der Säule Antefs II. In Karnak, ZÄS 132/2005, S. 166-172

8 beim "Couloir de la Jeunesse" handelt es sich um einen ost-west-verlaufenden Gang südlich der Kammern der Hatschepsut, am Hof des Mittleren Reiches entlang. Er trägt seinen Namen auf Grund einer Inschrift Thutmosis III. an den Aussenwänden der bestehenden Mauerreste der Hatschepsutkammern, die die "Jugendzeit" Thutmosis III. schildert, indem sie von seiner Erwählung durch Amun-Re berichtet.

9 Zimmer, Thierry:  P.P.I. - Antef II/1: Une Colonette de la XIe Dynastie; in: F. Le Saout et al., Le Moyen Empire à Karnak: Varia I, in: Karnak VIII, Paris 1987, S. 294

10 Ullmann, Martina, Thebes: Origins of a Ritual Landscape. SAOC 61, S. 6

11 Ullmann, Martina,  Thebes: Origins of a Ritual Landscape. SAOC 61, S. 7

 

Zeit Mentuhotep Nebhepetres in Karnak

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