Mentuhoteps Frauen

last update: 05.09.2008


Von Mentuhotep Nebhepetre sind mehrere Frauen bekannt, Neferu, Tem, Sadeh, Henhenet, Aaschyt, Kawit und Kemsit, die alle den Titel einer Königsgemahlin trugen. Spielten alle diese Frauen die gleiche Rolle in seinem Leben?
 
Unterschiede zwischen diesen Frauen lassen sich aus der Lage ihrer Gräber ableiten. Alle Bestattungen befinden sich im Bereich seines Totentempels.
Zwei der Frauen, Neferu und Tem haben größere Grabanlagen im Tempelbereich. Während Neferu ein Grab im Hofbereich hat, wurde das Grab der Tem an bevorzugter Stelle neben dem des Königs im Tempel angelegt.
Die anderen Frauen haben Schreine im Ambulatorium und Schachtgräber in dem dahinter liegenden Säulenhof [1].
So lassen sich die Frauen auf Grund der Lage und Form ihrer Gräber in wenigstens zwei Gruppen unterscheiden.
Zu den beiden Frauen mit den größeren Grabanlagen, Neferu und Tem, gibt es persönlichere Angaben. So handelt es sich bei Neferu um die Schwestergemahlin Mentuhotep Nebhepetres, Tem ist die Mutter seines Nachfolgers Mentuhotep Seanchkare. Von den anderen Frauen ist außer der Angabe ihrer Titel nichts aus ihrem Leben überliefert worden.
 
Innerhalb ihrer Titel gibt es eine Auffälligkeit. L. Kuchman [2] merkt folgendes an, die Titelsequenzen der Frauen mit einem Begräbnis in den Schachtgräbern unterscheiden sich von den Titeln von Neferu und Tem. Letztere tragen zahlreichere Titel und Tem wird auch außerhalb ihres Grabes erwähnt.
Bei den anderen 5 Frauen [3] beschränken sich die Titel in der Regel auf folgende:
Hm.t-njsw.t mr.t f  = Königsgemahlin, von ihm geliebt
Xkrt njsw.t watt    = einziger Königsschmuck
Hm-nTr @wt-Hr = Priesterin der Hathor
Diese Titel werden zudem unterschiedlich gruppiert. Kuchman merkt an, dass der Titel der Königsgemahlin lediglich auf den Schreinen der Frauen auftaucht, nicht in ihren Grabkammern - wohingegen Neferu und Tem in ihren Gräbern als königliche Gemahlinnen bezeichnet werden. Die in den Schachtgräbern bestatteten Frauen sind somit nur in ihrer "Außenwirkung", d.h. im Bereich des Kultvollzuges Königsgemahlinnen. Im abgeschlossenen Bereich ihres Grabes werden sie lediglich als Königsschmuck und Priesterin der Hathor bezeichnet.
Kuchman schließt daraus, dass diese Frauen lediglich eine kultische Rolle innehatten und nicht mit dem Hof des Königs in Verbindung gebracht werden sollten. Ihre Rolle als Königsgemahlinnen nahmen sie nach dem Tode wohl in ihrer Funktion als Priesterin der Hathor ein. Der Auffassung von Kuchman zur funktionalen Rolle dieser Damen folgt auch Detlev Franke [4], der diese als inzwischen allgemein anerkannt bezeichnet.
Anzumerken sei hier noch, dass die Schreine und Schachtgräber dieser Frauen zu den ältesten Bauten in Deir el-Bahri, und somit auch innerhalb der Tempelanlage, gehören. Obwohl sie sich nur schwer in den endgültigen Bauplan einpassten wurde an ihrer Lage nichts verändert.
Daraus könnte man im Rückschluss vermuten, dass nach Abschluss dieser frühen Bauphase keine weiteren Priesterinnen der Hathor in diese kultische Rolle "schlüpften". Möglicherweise deutet dies auf einen Vorstellungswandel hin?

 

Der Titel der "Königsgemahlin" ist bei den 5 Frauen nur spärlich belegt. Zum Teil beruht er auf Rekonstruktionen der zerstörten Inschriften. Hier eine Auflistung:
Sadeh: Naville [5] rekonstruiert, wohl auf Grund ähnlicher Darstellungen anderer Schreine, ein Fragment mit der Beschriftung  xmt-njsw.t  mr... auf die rechte Eingangsseite ihres Schreines. 
Henhenet: in London (BM 1450 (1907.7.15.478)) befindet sich ein Fragment mit der Titelangabe xmt-njsw.t mr.t f . Die Lesung und Zuordnung des Stückes an Henhenet beruht auf einer zerstörten Stelle auf diesem Fragment. Dort sind Reste der Hieroglyphe n zu erkennen, die sich nur sinnvoll in einen Kontext bringen lassen, wenn man hier die Namensnennung Henhenet rekonstruiert.
Aaschyt: der Titel der "Königsgemahlin" findet sich auf dem Schrein [6]. Nach Lana Troy [7] wird sie mit dem Titel einer "Großen Königlichen Gemahlin" auf einem Skarabäus in London erwähnt. Diese Angabe wäre singulär und sollte geprüft werden. Nach Gauthier [13] gibt es zwei Skarabäen. Theodor M. Davies hat in Ägypten einen Skarabäus erworben, ein anderer befindet sich im British Museum in London mit der Inv. Nr. 40855. Nach der Publikation von Gauthier stimmt die Lesung von Lana Troy, allerdings verweist Gauthier in Fußnoten darauf hin, dass die Datierung der Stücke strittig sei.Sie schwankt zwischen der frühen 18. Dynastie und eben Mentuhotep Nebhepetre. So wäre dann zuerst die Datierung zu klären.
Kawit: bei Naville [8] findet sich das Fragment einer senkrechten Inschrift. Am oberen Rand des Bruchstückes sind die Hieroglyphen t und über dem Titel "einziger Königsschmuck" und dem Namen der Kawit erhalten. Clere/Vandier [9] ergänzen dies zu dem Titel xmt mrj.t f. Ein weiterer möglicher Beleg wäre ein Bruchstück in Genf (siehe bei Kemsit).
Kemsit: die Zuweisung des Titels einer "Königsgemahlin" beruht auf einem Bruchstück in Genf (Inv. Nr. 4767) [10]. Das Fragment zeigt unter einer Sternenreihe Kopf und Schulter einer Frau. Vor der Frau die Inschrift xmt-njsw.t  mr, hinter der Frau die Hieroglyphe für njsw.  Ein Name erscheint auf diesem Fragment nicht. Laut Clere/Vandier [11] gibt es ein Anschlussstück, das die Rekonstruktion der Namen Kawit (vorne) und Kemsit (hinten) erlaubt.
Clere/Vandier führen das Stück unter "Varia" auf und weisen es keinem Grab zu. Naville stellt es in seinen Tafel unter die Fragmente aus den Schreinen. Sollte sich das Stück, wie von Clere/Vandier oben angegeben, ergänzen lassen hätten wir zwei "Königsgemahlinnen" in einer eventuell noch zu ergänzenden Prozession. Eine Szene, die eher im Tempel und weniger an den Schreinen zu erwarten wäre?
Lana Troy [12] führt eine fragliche Lesung des Titels auf Sarkophagfragmenten (BM 43037) an. Diese lässt sich anhand der von ihr zitierten Quelle (Clere/Vandier, S. 33f) nicht nachvollziehen. Zudem wäre ein Auftauchen des Titels auf einem Sarkophag für diese 5 Frauen singulär.
 

1  Eine ebenfalls in einem Schachtgrab hinter einem Schrein in diesem Tempelbereich bestattete Mayt wird kontrovers diskutiert. Hierbei könnte es sich auf Grund ihres jungen Alters um eine Tochter des Königs handeln. Sie wird hier nicht mitbehandelt, da von ihr keine Titel überliefert sind.

2  Kuchman, Lisa: Titles of Queenship. Part II: The Eleventh Dynasty and the Beginning of the Middle Kingdom: The Wives of Nebhepetre Mentuhotep, JSSEA 9/1978-1979, p. 22

3  Sadeh, Henhenet, Aaschyt, Kawit und Kemsit

4  Franke, Detlev: Besprechung von Ward: Essays on Feminine Titles of the Middle Kingdom and Related Subjects, Beirut 1986, in JEA 76/1990, p. 231

5 Naville, Edourd: The XIth [eleventh] dynasty temple at Deir el-Bahari. Bd. II., London 1907-1913, pl. XI

6 Naville, Edourd: The XIth [eleventh] dynasty temple at Deir el-Bahari. Bd. II., London 1907-1913, pl. XVIII

7 Troy, Lana: Patterns of Queenship in ancient Egyptian myth and history. Uppsala 1986, S. 157 Nr. 11.10

8 Naville, Edourd: The XIth [eleventh] dynasty temple at Deir el-Bahari. Bd. I., London 1907-1913, pl. XVIII unten links

9 Clère, J. J. - Vandier, J.: Textes de la Première Périod Intermédiaire et de la XIéme Dynastie. Brüssel 1948, S. 30

10 abgebildet in Naville, Edourd: The XIth [eleventh] dynasty temple at Deir el-Bahari. Bd. I., London 1907-1913, pl. XVII B

11 Clère, J. J. - Vandier, J.: Textes de la Première Périod Intermédiaire et de la XIéme Dynastie. Brüssel 1948, S. 43

12 Troy, Lana: Patterns of Queenship in ancient Egyptian myth and history. Uppsala 1986, S. 157 Nr. 11.11

13 Gauthier, Henri: Nouvelles remarques sur la XIe dynastie. BIFAO 9/1911, p. 111

 

 

 

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