Die Mumie der Henhenet wurde während der Grabungen von Naville im
Totentempel Mentuhotep Nebhepetres in
ihrem Grab Naville Nr. 11 gefunden. Sie kam 1909 nach New
York. 1923 wurde sie nach Kairo gebracht, wo sie sich
noch heute befindet. Auf dem Rücktransport hat die Mumie
gelitten, ihre linke Gesichtshälfte und die Stirn waren weggebrochen,
das Gehirn aber noch vorhanden. Ihr Gesamtzustand wird als gut
beschrieben.
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Laut Derry hat die Mumie glattes, schwarzes Haar [1]
ihre Gesichtszüge wirken für ihn "nubisch" [2]
Einen Rückschluss, den er wohl auch auf Grund ihrer Schädelform trifft. Er
beschreibt ihn als "südliche Form". Unter Hinweis auf die bereits geschlossenen Epiphysenfugen schätzt er
ihr Alter auf ca. 23 - 24 Jahre.
Lediglich die
Verbindung vom Brustbein zum Schlüsselbein war wohl noch nicht komplett
geschlossen. Was auf das Längenwachstum aber keine Auswirkungen mehr hatte.
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Naville, I. pl. X
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Eine Untersuchung der Mumie wurde 1935 von D. E.
Derry in einem Artikel [3]
publiziert. In der Folgezeit brachte diese Untersuchung Henhenet den
zweifelhaften Ruhm ein, die älteste Frau mit diagnostizierter
vesikovaginaler Fistel [4]
zu sein. Mit dieser Diagnose taucht sie in zahlreichen medizinischen
Artikeln [5] auf. Die
ägyptologische Literatur schweigt dazu. Hier findet sich lediglich bei
Dodson [6] der Hinweis - sie
sei im Kindbett verstorben. Eine Aussage, die bereits 1929 von Williams
[7]
auf Grund einer persönlichen Mitteilung von Derry publiziert wurde. Noch 1980
wird dies bei Cockburn [8]
ohne nähere Angaben zitiert.
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In seinem Artikel beschreibt Derry [9]
die Größe und den Zustand der Becken von fünf, im Totentempel
Mentuhotep Nebhepetres gefundenen, weiblichen Mumien. Neben der Mumie der
Henhenet wurde die Mumie von Aaschyt untersucht, desweiteren drei Mumien von
Frauen die im nördlichen Dreieckshof bestattet
waren [10]. Nach den Messungen von Derry haben diese
Frauen deutlich engere Becken als, auf Grund seiner Vergleichsdaten, Engländerinnen des frühen 20.
Jh. n. Chr. Die Bauchdecken der Mumien sind unzerstört, ihre Vaginen erweitert.
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Henhenet hatte einige anatomische Anomalien. Sie hatte von den
untersuchten Frauen das engste Becken. Es handelt sich um ein sogenanntes
Längsbecken [11],
bei dem die Breite schmäler ist als die Tiefe. Ihr 12. Brustwirbel war
nur rudimentär ausgebildet [12].
Sie besaß lediglich 4 statt 5 Lendenwirbel [13] und hatte
eine extrem große Blase.
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Für den Beckenbereich wird beschrieben, dass der Anus ca. 10 cm aus dem
Körper heraushing (= Analprolaps). Ihre Vulva ist erweitert. Zwischen Blase und Vagina
befindet sich ein Riss, die oben bereits angesprochene vesikovaginale
Fistel (Bild unten rechts, Nr. 3).
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Rückenansicht; Zacharin fig. 3
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Ansicht von vorne in den Beckenbereich; Zacharin fig. 2a
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Das linke Bild zeigt unter Nr. 1 einen deutlich erweiterten Anus. Bei Nr. 2
ist ein Dammriss zu sehen, die Vagina Nr. 3 ist sehr weit, so dass der
Damm nur noch als schmaler Steg erhalten ist.
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Dammriss und vesikovaginale Fisteln kennt man als Komplikationen bei Geburten. Das enge Becken von Henhenet impliziert den Gedanken an eine
schwere Geburt in deren Folge beide Verletzungen entstanden sein könnten.
Daraus zog man dann den Schluss, sie sei im Kindbett verstorben.
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Nach Aussage einer Gynäkologin [14] hätte das Kind, wenn der Zustand dieser Vagina
die Folge
einer Entbindung wäre, den Geburtsvorgang mit großer Wahrscheinlichkeit
nicht überlebt.
Die zu erwartende, mitbestattete Mumie eines Säuglings wurde von den
Ausgräbern nicht gefunden. Eventuell könnte diese aber während der
Beraubung des Grabes verschwunden sein.
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Bei der Beurteilung dieser Verletzungen sollte man weitere Faktoren
berücksichtigen. Wie bereits erwähnt, wiesen andere untersuchte
Frauenmumien ebenfalls erweiterte Vaginen auf. Jedoch hatte keine der
Mumien, die bei einer Balsamierung üblichen Bauchschnitte. Hier wurden
bei der Einbalsamierung demnach andere Methoden angewandt.
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Derry [15] berichtet
davon, dass man am Beginn des Mittleren Reiches mit verschiedenen Methoden
zur Einbalsamierung experimentierte. Germer [16] beschreibt eine Technik, die von Herodot überliefert wurde
und die ihrer Ansicht nach bei den von Derry untersuchten Mumien angewandt
wurde. Bei dieser Technik wurden dem Körper nach dem Tode Substanzen eingespritzt,
die die inneren Organe auflösen sollten. Da die untersuchten Mumien eine intakte
Bauchdecke, jedoch Verletzungen im Vaginal- und Analbereich aufzeigen
bietet es sich an, in ihnen Mumien zu sehen, die auf diese Art
behandelt wurden [17].
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Sofern bei einer Mumienuntersuchung nicht eindeutig zu ersehen ist, dass
Henhenet die Verletzungen am Damm und die vesikovaginale Fistel
bereits zu
Lebzeiten hatte, kann man sie auch als postmortale
Verletzungen beim Einbalsamieren erklären.
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Die Erweiterung und Schädigung des Anus bei Henhenet ist mit den Folgen
einer Geburt nicht zu erklären, aber durchaus als Folge einer
Balsamierung die auf diesem Wege Substanzen in den Körper einbringt. Das
Fehlen einer Säuglingsbestattung wäre dann ebenfalls verständlich.
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Meines Erachtens nach starb Henhenet nicht im Kindbett, die angeführten
Verletzungen stammen von der Mumifizierung.
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