Thebanische Friedhöfe bis zum Ende des Mittleren Reiches

last update: 08.09.2008

 

Meist unbekannt schlummern zwischen den zahlreichen Gräbern der Zeit ab dem Neuen Reich auch eine größere Anzahl Gräber aus der Zeit vor dem Neuen Reich.
 
In Theben-West lassen sich an zwei Stellen Nekropolen des Alten Reiches und der 1. Zwischenzeit  feststellen. In Chocha und El-Tarif.

AJSL XXXII/1915
 

Chocha

Chocha ist eine kleine Anhöhe südlich des Asasifs. Hier finden sich, am Osthang, ein paar Gräber die ans Ende des AR, wahrscheinlich ans Ende der 5. bis hin zur 6. Dynastie, datiert werden [1]. Es handelt sich um die Grabanlagen des: %nj-jkr (TT 185); JHj ( TT 186); #nt.j (TT 405) und Wnjs-anx (TT 413). Drei der Grabanlagen sind von Mohamed Saleh [2]  publiziert.

 

 

El-Tarif

Der Name El-Tarif bezeichnet ein Gebiet nördlich des Totentempels Sethos I. auf dem thebanischen Westufer. Es liegt dem Karnak-Tempel gegenüber. In älterer Literatur und Karten wird das Areal als Antef-Friedhof [3] bezeichnet, in der jüngeren Literatur wird die Bezeichnung El-Tarif bevorzugt.
Die alte Bezeichnung Antef-Friedhof trägt er wegen der zahlreichen rechteckigen Denksteine mit dem Namen Antef, die man auf dem Gelände fand. Sie waren wahrscheinlich in die Vorderseite der Gräber eingelassen. 
Zudem befinden sich in diesem Friedhof drei große Grabanlagen die den Antef-Herrschern (-Königen) zugeschrieben werden. Es handelt sich bei der südlichsten Grabanlage Saff el-Dawaba wahrscheinlich um das Grab Antef I. [4]. Die Zuweisung des Mittleren, Saff el-Kisasija genannten Grabes, an Antef II.  geschieht über die dort gefundene Grabstele, die sog. "Hundestele", und der Beschreibung im Papyrus Abbott. Das dritte Grab, Saff el Baqar, ist zeitlich nach Saff el-Kisasija entstanden und wird Antef III. zugewiesen [5].
Ihre Höfe hatten eine Länge von bis zu 300 m und eine Breite von bis zu 54 m. Im Hintergrund dieser Höfe fand Mariette noch Reste von Ziegelpyramiden, die bei Nachuntersuchungen von Arnold nicht mehr gesehen wurden.
Der Friedhof erstreckt sich über eine Breite von 1200 m und reicht bis zu 600 m in die Wüste hinein. 
Im Friedhofsgebiet von El-Tarif fanden sich Spuren einer prähistorischen Siedlung [6]. Damit ist eine Nutzung des Geländes von der Neqade-Zeit bis in die ptol. Zeit belegt.
Zwei Ziegelmastabas haben sich in El-Tarif erhalten und werden auf Grund ihrer Architektur, sowie der gefundenen Keramik und Steingefäße in die 4. Dynastie [7], event. auch etwas früher, datiert. Sie sind durch ihre Lage zwischen den Gräbern Saff el-Kisasija und Saff el-Baqar geschützt gewesen. Der Aushub beider Gräber hat sie zugedeckt. Diese Zuschüttung ermöglicht es heute beide Königsgräber in eine zeitliche Abfolge zu bringen. Da die beiden Mastabas zuerst auf einer Höhe von 1-1,5 m mit dem Schutt des Saff el-Kisasija Grabes gefüllt sind und diese Schicht dann im folgenden vom Aushub des Saff el-Baqar Grabes überdeckt wurden. 
Die Stellung der Mastabas zueinander, ihre mehrfache Wiederverwendung und Umbauten lassen darauf schließen, dass es sich bei ihnen nur um den Teil eines wesentlich größeren Friedhofes handelt. Zudem wurden Keramikfunde des AR in einem wesentlich breiter gestreuteren Gebiet gefunden.

Am Ende der 1. Zwischenzeit und in der frühen 11. Dynastie entstand in El-Tarif eine lokal und zeitlich begrenzte Grabform: das Saff-Grab. Heute sind die Saff-Gräber die auf diesem Friedhof dominierende Grabform.

Von ihnen wurden 250 Gräber auf diesem Friedhof gefunden. Schätzungsweise hatte der Friedhof ehemals zwischen 300 und 400 Saffgräber [8]. 
Die Gräber gehörten den hohen Beamten der Zeit vor der Reichseinigung unter Mentuhotep Nebhepetre. Vereinzelt werden noch unter Mentuhotep III. "Vornehme" hier beigesetzt.
Im südwestlichen Teil des Friedhofes sind Gräber einer "ärmeren Bevölkerungsschicht" bis in die 12. Dynastie hinein zu finden. 
 

 

Deir el-Bahri

Mentuhotep Nebhepetre verlegt nicht nur sein eigenes Grab vom traditionellen Friedhof seiner Ahnen weg. Mit ihm verlegt sein Hofstaat die Gräber nach Deir el-Bahri.
Der dortige, in älterer Literatur sog. Mentuhotep-Friedhof entstand nach der Reichseinigung. Er erstreckt sich von Deir el-Bahri aus entlang des Aufweges seines Totentempels. Im Norden und Süden, also im Asasif, in Deir el-Bahri und in Schech abd el-Gurna, finden sich die Gräber seines Hofstaates - ausgerichtet auf den 80 m breiten Aufweg der vom Fruchtland her kommend zum Totentempel führt.
Diese Gräber sind nun Saff- und Korridorgräber mit einem mittigen Eingang in das Grabinnere. Die Wände der Kammern wurden mit Kalksteinplatten ausgekleidet, die man mit farbigem Relief oder Malereien verzierte. Die Böden und Decken wurden mit Sandstein ausgelegt oder abgehangen.
Der Mentuhotep-Friedhof zählt ca. 40 Gräber dieses Typus.

Die Nordwand von Deir el-Bahri mit den MR-Gräbern
 

Hier wurde 1923 auch das Massengrab von 60 Soldaten gefunden, das in das frühe Mittlere Reich datiert wird. Die Soldaten waren nur einfach balsamiert, lediglich 2 oder 3 lagen in einem Sarg. In ihren Körpern steckten zum Teil noch Pfeile. Gerne wird hier darüber spekuliert ob es sich um Soldaten handelte, die während eines bedeutenden Kampfes innerhalb der Reichseinigung starben. Dies wäre eine Erklärung für diese ehrenvolle Bestattung in der Nähe des Königs.

Leider lässt sich dies nicht belegen.
 
Auf einem niedrigen Bergrücken, südlich des Mentuhotep Tempels liegt der "Priests' Cemetrery 201 - 19", ein kleiner Familienfriedhof der 12. bis 13. Dynastie.

 
Der in  älterer Literatur sog. Mentuhotep IV oder V-Friedhof ist unvollendet.
Winlock entdeckte 1914 eine unvollendete Parallele zum Totentempel Mentuhotep Nebhepetres in einem benachbarten Felsenkessel zwischen Schech abd el-Gurna und Gurnet Murai.
Er schrieb diese Anlage Mentuhotep V. [9] zu,  obwohl auch ein Grab Mentuhotep IV. noch fehlte.
In der Vorbereitung für diese Grabanlage waren enorme Abarbeitungs- und Aufschüttungsmaßnahmen im Gebiet des Aufweges [10] nötig gewesen. Vom Tempel selber wurde eine Grabkammer im Felsboden der Terrasse gefunden. Weder Tempel, noch Pyramide  wurden im Bau begonnen.
Die zu dieser Grabanlage gehörigen Beamtengräber bleiben zum größten Teil unvollendet. Steindorff - Wolf erklären dies mit dem Dynastienwechsel.
 
Anders sieht dies Dorothea Arnold [11], sie weißt diesen Tempel Amenemhet I. zu und erklärt seine Unvollendung mit der Aufgabe Thebens als Regierungssitz zugunsten von JTj-tAwj. Er verlegte mit dem Regierungssitz auch seine Grabanlage und die seiner Beamten nach Norden - zum neuen Regierungssitz.

 

 

1  Arnold, Dieter:  Das Grab des Jni-jtj.f. Die Architektur. Mainz 1971, S. 36

2  Saleh, Three Old-Kingdom Tombs at Thebes. I. The Tomb of Unas-Ankh no. 413. II. The Tomb of Khenty no. 405. III. The Tomb of Ihy no. 186, Mainz am Rhein [1977]

3  in der Karte oben Intef Cemetery

4  in der Karte oben als Grab Mentuhotep I. eingezeichnet

5  die Zuweisungen wurden nach Arnold, Dieter: Gräber des Alten und Mittleren Reiches in El-Tarif, Mainz 1976, S. 22 wiedergegeben

6  Arnold, Dieter: Gräber des Alten und Mittleren Reiches in El-Tarif, Mainz 1976, S. 17

7  Arnold, Dieter: Gräber des Alten und Mittleren Reiches in El-Tarif, Mainz 1976, S. 17

8  Arnold, Dieter: Gräber des Alten und Mittleren Reiches in El-Tarif, Mainz 1976, S. 44

9  die Zählung der Mentuhotep genannten Herrscher weicht heute deutlich von der damaligen ab, siehe dazu "I, II oder III?"

10  der später vom Ramesseum überbaut wurde

11  Arnold, Dorothea: Amenemhet I and the Early Twelfth Dynasty at Thebes. Metropolitan Museum Journal 26/1991

 

 

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